Weinglas ist Weinglas? Keineswegs. Seit den frühen 1970ern weiß man, dass ein und derselbe Wein aus unterschiedlichen Gläsern auch unterschiedlich schmeckt. Diese Entdeckung geht auf den bis heute führenden Glashersteller Riedel zurück, der 1973 seine erste rebsortenspezifische Glasserie „Sommeliers“ auf den Markt brachte. Dass der Inhalt dabei die Form bestimmt, ist seither gesetzt und das funktionale Weinglas ist heute aus keinem Weinschrank mehr wegzudenken.
Was ein gutes Weinglas ausmacht, welche Weinglas-Formen und Typen es grundsätzlich zu unterscheiden gilt und was man bei der Reinigung von Weingläsern alles beachten sollte, wollen wir hier gerne einmal genauer unter die Lupe nehmen.
Farbe, Bouquet, Geschmack und Nachhall sind die vier Parameter, an welchen sich die Qualität eines Weines messen lässt. Das Glas sollte dabei optimal auf den Wein abgestimmt sein, um die rebsortenspezifischen Charakteristika, Geschmacksnuancen und Aromen bestmöglich zum Ausdruck zu bringen.
So sollte es ein gutes Weinglas ermöglichen, die Farbe eines Weines brillant wiederzugeben, um den Wein bereits im Glas adäquat einschätzen zu können.
Das Bouquet vereint die Summe aller Aromen und offenbart dem geübten Weinkenner bereits beim Riechen sein Profil, indem das Glas leicht geschwenkt und die Nase über den Kelch gehalten wird. Durch die rebsortenspezifische Glasform können so beispielsweise der Fruchtgehalt betont und die Tannine geglättet und integriert werden.
Ähnliches gilt für den Geschmack des Weines bei der Verkostung. Je nach Glasform kann der Wein bereits im Glas mehr oder weniger Sauerstoff atmen, und so seine komplexen Aromen entwickeln.
Letztlich gibt auch der Nachhall Auskunft darüber, ob Glas und Wein harmonieren, denn das Glas kann einen langanhalten Nachhall unterstützen.
Weingläser gibt es in den unterschiedlichsten Formen und Variationen: Großer Kelch, kleiner Kelch, stark verjüngend, ausladend weite Öffnung, bauchig und rund, klein und schmal, usw. Der auffälligste Unterschied zwischen einem Rotweinglas und einem Weißweinglas liegt demnach in der Form und Beschaffenheit des Kelches.
Da ein Weißwein weniger Sauerstoffkontakt bedarf, fällt sein Kelch entsprechend kleiner aus. Auch hat der Stiel eine wichtige Funktion, denn ein Weißwein wird stets gut temperiert genossen und deshalb am Stiel gehalten, damit sich die Körperwärme nicht auf das Glas und damit den Inhalt übertragen kann. Bis zum letzten Schluck soll er angenehm kühl auf der Zunge schmecken.
Das Standard Weißweinglas
Das Standard Weißweinglas hat einen langen Stiel und einen ausgewogenen, nicht zu großen Korpus, der sich nach oben hin verjüngt. Es ist das ideale Glas für fruchtbetonte Weißweine, die man gut temperiert genießt. Hierzu gehören beispielsweise ein Silvaner, junge Rieslinge, Weiß- und Grauburgunder sowie ein Sauvignon Blanc oder ein Grüner Veltiner.
Das Riesling Glas
Das typische Riesling Glas zeichnet sich durch einen schmalen Kelch und einen leicht ausgestellten Mundrand aus. Es ist ideal für gereifte, mildfruchtige Rieslinge, sodass der zarte Duft gebündelt von der Nase wahrgenommen werden kann. Der Rand sorgt zudem dafür, dass die Zunge breitflächig benetzt wird und so Fruchtaromen und Säuren gleichermaßen wahrgenommen werden.
Ein typisches Rotweinglas hat eine runde, bauchige Form sowie eine große, weite Öffnung. Dadurch ist es weitaus voluminöser als ein Weißweinglas und das ist auch nötig, denn je voller und komplexer das Aroma eines Weines ist, desto größer sollte auch der Durchmesser des jeweiligen Glases sein. Der Rotwein benötigt gemeinhin mehr Sauerstoff, um sein volles Aromenspektrum entfalten zu können.
Das Standard Rotweinglas
Ein Allroundtalent, das in keinem Weinschrank fehlen sollte: das Standard-Rotweinglas. Es zeichnet sich durch einen leicht bauchigen, etwas länglich geformten Kelch aus, mit einer großen Öffnung (größer, als diejenige des Weißweinglases), ist aber von seinem Korpus her immer noch so kompakt, dass fruchtbetonte, leichte Rotweine in ihm zur Geltung kommen. Darunter fallen beispielsweise ein Chianti und ein Dornfelder. Rotweine mit geringerem Tanningehalt und zarten Duftnoten verflüchtigen sich in dieser Art Glas nicht allzu schnell, da die Öffnung gerade groß genug ist, um den Wein sowohl atmen als auch die Aromen nicht zu schnell entweichen zu lassen.
Das Bordeauxglas
Je komplexer ein Wein ist, desto mehr Sauerstoff braucht er, um atmen und seine Aromen bestmöglich entfalten zu können. Ein Bordeaux ist ein charaktervoller, tanninreicher Wein, der reichlich Luft zum Atmen braucht. Deshalb besitzt es einen großen, bauchigen Kelch, der Platz zum Schwenken bietet. Das Bordeauxglas kann auch für die Verkostung von Rioja, Brunello, Merlot, Barolo, Cabernet Sauvignon, Zweigelt und Shiraz verwendet werden.
Das Burgunderglas
Ein distinguierter, sehr kraftvoller Wein ist der Burgunder. Sein hoher Alkoholgehalt von meist über 13 % benötigt reichlich Sauerstoff, sodass der Kelch dieses Glases ballonförmig großzügig gestaltet ist. Die vollmundigen, fruchtigen Aromen und der kraftvolle Geschmack können sich so besonders gut entfalten. Auch bieten der Kelch und der lange stabile Stiel optimale Voraussetzungen, um das Glas bequem zu schwenken.
Das Burgunderglas eignet sich mit seiner Form auch hervorragend für Pinot Noir und Gamay. Auch ein kräftiger Weißwein, etwa ein Barrique oder ein in Holz gelagerter Riesling, kommen in der ballonförmigen Glasform gut zur Geltung.
Bleikristall, Kristall oder Glas? Welches Material ist für Weingläser am besten geeignet und gibt es überhaupt einen Unterschied zwischen Kristall und Bleikristall? Ja, den gibt es. Ein Blick auf die Inhaltsstoffe der Glasmasse verrät auch warum.
Bleikristall ist die edelste, zugleich aber auch preisintensivste Glasart unter den dreien. Augenscheinliches Erkennungsmerkmal ist die hohe, klare Brillanz der Gläser und ihre Fähigkeit, das Licht stark zu brechen. Das kommt durch den vergleichsweise höheren Anteil an Bleioxid in der Glasmasse zustande (über 24 %). Auch der Klang von Bleikristallgläsern gegenüber herkömmlicher Glasware ist beeindruckend und hörbar unterschiedlich. Zudem ist Bleikristall besonders weich in der Verarbeitung, sodass es sich optimal für die Verzierung mit einem besonderen Schliff eignet. Ein Glas darf sich jedoch erst dann mit dem Titel „Bleikristall“ schmücken, wenn, gemäß der EG-Richtlinien, ein Bleianteil von über 24 % in der Glasmasse enthalten ist.
Glaswaren mit einem Bleioxid-Gehalt zwischen min. 10 % und max. 24 % fallen nach den EG-Richtlinien in die Kategorie „Kristallglas“. Solche Gläser enthalten in ihrer Glasmasse zudem auch Kalk in Kreideform. Das macht die Glasoberfläche geringfügig grobkörniger und wirkt sich positiv auf die Entfaltung der Aromen des Weines aus.
Bei Kristallglas unterscheidet man zudem zwischen geschliffenem und einseitig geschliffenem Kristallglas. Das vollgeschliffene Kristallglas kommt im Sonnenlicht der Brillanz und den Farbeffekten von Bleikristallglas sehr nahe, ist aber preislich günstiger als dieses und – natürlich – nicht ganz so hochwertig.
Weingläser aus Kristallglas müssen folgende Kriterien erfüllen:
• Hochwertige und exakte Quarzmischungen nach EU-Richtlinien
• Exakte Einhaltung des Temperaturverlaufes während dem Schmelzprozess
• Lichtdurchlässigkeit
• Robuste Glashärte dank kristalliner Glasstruktur
• Frei von Luft- und Partikeleinschüssen
• Bricht das Licht stärker als herkömmliches Glas
Gläser, die weniger als 4 % Bleioxid in ihrer Glasmasse haben, werden nach den EG-Richtlinien als „Glas“ definiert. Glas ist gegenüber Kristall- und Bleikristallglas weniger klar, bruchanfälliger und lichtundurchlässiger. Seine wesentlich günstigeren Produktionskosten sowie die billigeren Rohstoffe ermöglichen eine schnelle und vor allem preisgünstigere Herstellung.
Spülmaschine ja oder nein? Griff zum Poliertuch oder doch lieber das gute alte Geschirrtuch? Sicherlich kennst Du es, wenn Gläser nach mehrmaligen Waschgängen im Geschirrspüler unschöne Kratzer bekommen und matt und stumpf werden. Tatsächlich sind viele gute Weingläser für den Waschgang in der Spülmaschine geeignet, empfehlen wollen wir das aber nicht. Warum? Weil das Spülen von Hand schonender ist und Du so langwährende Freude an Deinen Gläsern hast.
Spülmaschine hin oder her – nach dem Waschen sollte bei Weingläsern ein Poliertuch verwendet werden, sodass keine unschönen Wasserreste oder Kalkflecken auf der Glasoberfläche zurückbleiben. Ein Poliertuch eignet sich besser zur Reinigung als ein Geschirrtuch, da so auch Fusseln auf dem Glas vermieden werden.
Übrigens: Flecken am Glas entstehen durch Wasser mit einem hohen Härtegrad – solche Flecken lassen sich aber in der Regel leicht mit ein bisschen Essig wieder entfernen.